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Interview: „Bauen ist ein sehr lokales Geschäft“

Die Baubranche leidet besonders unter der lahmenden Konjunktur. Wie das Kölner Bauunternehmen Bauwens auf die hohen Preise, die eingebrochene Nachfrage und CO2-Einsparziele reagiert, erläutert der geschäftsführende Gesellschafter Fabian Bauwens-Adenauer.

Kernaussagen in Kürze:
  • „Wir entziehen uns als Bauunternehmen, wo wir als Generalunternehmer aktiv sind, dem allgemeinen wirtschaftlichen Trend, auch wenn das Marktumfeld natürlich sehr herausfordernd ist", sagt Fabian Bauwens-Adenauer, geschäftsführender Gesellschafter des Bauunternehmens Bauwens.
  • „Wir bauen beispielsweise für viele Wohnungsbaugesellschaften, die bereits über Grundstücke verfügen und die die Bauten im eigenen Bestand halten. Für diese Bauherren hat sich die Lage nicht ganz so dramatisch verändert."
  • „Zudem haben wir noch Auftraggeber, die im Hotelsegment aktiv sind und deren Geschäftsmodell ebenfalls sehr gut funktioniert und die nicht so abhängig sind von den typischen immobilienwirtschaftlichen Rahmenbedingungen."
Zur detaillierten Fassung

Die Baubranche schaut laut aktueller IW-Konjunkturumfrage besonders pessimistisch in die Zukunft. Gilt das auch für Ihr Unternehmen?

Das gilt für uns Gott sei Dank nicht, wir entziehen uns als Bauunternehmen, wo wir als Generalunternehmer aktiv sind, dem allgemeinen Trend, auch wenn das Marktumfeld natürlich sehr herausfordernd ist. Wir haben ein sehr erfolgreiches Jahr 2023 hinter uns und verfügen über eine gut gefüllte Projektpipeline für die kommenden zwei Jahre. Wir sind zudem gut ausgelastet und suchen deshalb weiterhin Personal an der ein oder anderen Stelle, insbesondere Bauingenieure und Bauleiter.

Und wie sieht es bei der Projektentwicklung aus?

Fabian Bauwens-Adenauer ist geschäftsführender Gesellschafter des Bauunternehmens Bauwens; Foto: Bauwens Hier haben wir die üblichen Herausforderungen zu meistern: den schnellen Zinsanstieg, die hohe allgemeine Inflation, die gestiegenen Baukosten – gepaart mit einem erheblichen Einbruch auf der Transaktionsseite, also auf dem Verkäufermarkt. Ein Großteil unseres Projektgeschäfts basiert auf der Wohnungsbauentwicklung, also dem Bau und anschließenden Verkauf von Wohnungen, und die Vertriebsgeschwindigkeit hat Ende 2022 deutlich nachgelassen.

Die Krise trifft uns deshalb nicht so hart, weil wir überwiegend für Kunden bauen, die nicht auf den kurzfristigen Verkauf angewiesen sind.

Glücklicherweise haben wir nicht ganz so viele Projekte, bei denen wir gerade mitten im Vertrieb sind. In München spüren wir seit Jahresanfang sogar eine Belebung im Wohnungsvertrieb.

Wie kommt es, dass Ihr Bauunternehmen von der derzeitigen wirtschaftlichen Krise kaum tangiert wird?

Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Zum einen haben wir einen Teil unserer Bauherren als Schwestergesellschaft hier vor Ort im Haus. Zum anderen haben wir auf der Auftraggeberseite momentan weniger mit Bauherren zu tun, die ihr Bauvorhaben direkt nach der Erstellung veräußern, sondern wir bauen – insbesondere im Rheinland und im Ruhrgebiet – für viele Wohnungsbaugesellschaften, die bereits über Grundstücke verfügen und die die Bauten im eigenen Bestand halten. Für diese Bauherren hat sich die Lage nicht ganz so dramatisch verändert wie für solche, die auf den kurzfristigen Verkauf angewiesen sind.

„Wir bauen auch Hotels und Konzernzentralen“

Zudem haben wir noch Auftraggeber, die im Hotelsegment aktiv sind und deren Geschäftsmodell ebenfalls sehr gut funktioniert und die nicht so abhängig sind von den typischen immobilienwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Das gilt auch für Auftraggeber aus der institutionellen Welt, die etwa einen Um- oder Neubau einer Konzernzentrale brauchen. Und schließlich werfen wir grundsätzlich bei allen unseren Auftraggebern noch ein zweites und drittes Auge auf die Bonität, bevor wir eine Geschäftsbeziehung eingehen.

Sie setzen bei Ihren Bauprojekten stark auf digitale Lösungen. Können Sie uns dazu ein Beispiel nennen?

Beim Gebäude selbst richten wir uns ganz nach den Kundenwünschen. Worauf wir selbst als Bauunternehmen sehr stark setzen, ist das Prozessmanagement und dafür nutzen wir die gängigen digitalen Hilfsmittel. Vor rund zehn Jahren haben wir damit begonnen, die Methode des Lean Managements in unseren Bauprozessen zu etablieren. Wir nennen es Lean Construction und jede Baustelle bei uns läuft anhand dieser Philosophie: Wir entwickeln eine Prozesslandkarte, wo detailliert Meilensteine festgelegt werden, die ein Projekt durchlaufen muss – vom Kauf des Grundstücks über die Planungs- und Ausführungsphase bis hin zum Verkauf und zur Gewährleistung. So können wir bei jedem Bauvorhaben sehen, welches Gewerk gerade wo aktiv ist.

Viele Unternehmen in Deutschland beklagen sich über das unsichere Investitionsklima und machen die Politik dafür verantwortlich. Schließen Sie sich dieser Kritik an?

Klare Vorgaben, die sich nicht andauernd ändern, wären für eine Branche, die einerseits an viele Regeln und Vorschriften gebunden ist und andererseits extrem lange Planungszyklen hat, schon hilfreich. Das gilt insbesondere für die teils hochkomplexen Bauvorschriften wie beispielsweise für die Nachhaltigkeitsvorgaben und die damit verbundenen Förderungen.

Wir werfen grundsätzlich bei allen unseren Auftraggebern noch ein zweites und drittes Auge auf die Bonität, bevor wir eine Geschäftsbeziehung eingehen.

Wie ließe sich denn einfacher nachhaltig bauen?

Wir stellen schon fest, dass Nachhaltigkeit am Bau in der Regel mehr Geld kostet. Und in einer Krise, wie wir sie jetzt gerade erleben, ist das noch mal schwieriger umzusetzen. Im Wohnungsbau, wo der Endkunde in der Regel der Einzelerwerber ist, scheint es im Moment wichtiger, dass der Kunde sich die Wohnung noch leisten kann und der Quadratmeter 200 bis 300 Euro günstiger ist, als dass es eine besonders nachhaltige Immobilie ist.

Wo wird denn an neuen Wohngebäuden gespart, um die zusätzlichen Kosten durch die energetischen Anforderungen zu kompensieren?

Was sich erst langsam abzeichnet, ist, dass man über etwas kleinere Wohnungen nachdenkt. Der durchschnittliche Wohnraum einer einzelnen Person ist in Deutschland ja in den vergangenen 40 Jahren stetig gewachsen. Hier könnte es zu einem Umdenken kommen, wobei das verstärkte Arbeiten im Homeoffice wiederum dazu führt, dass größere Wohnungen gefragt sind, weil keiner auf die Dauer am Küchentisch arbeiten will.

Und wie sieht es bei der Ausstattung aus?

Dass Features weggelassen werden, ist zumindest in dem Segment, in dem wir uns bewegen, eher unüblich.

Sind recycelte Materialien ein Thema?

Recyclingmasse schauen wir uns an, wo es sinnvoll ist. Auch der Cradle-to-Cradle-Ansatz, der eine spätere Entnahme und Wiederverwertung der einzelnen Bauteile ermöglicht, ist interessant. Aber die Erstellung eines Gebäudes nach diesem Ansatz ist meistens erst mal teurer als ein herkömmlicher Bau, das rechnet sich erst langfristig.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Ihnen generell?

Seit zwei Jahren machen wir für jedes unserer Bauprojekte eine CO2-Ökobilanzierung. Bis zum Jahr 2030 wollen wir die CO2-Belastung unserer Gebäude pro Quadratmeter und Jahr um 50 Prozent gegenüber dem üblichen Standard im Bau reduzieren.

Ist die Verlagerung Ihrer Geschäftstätigkeit ins Ausland eine Option?

Nein, denn Bauen ist ein sehr lokales Geschäft. In anderen Ländern existieren andere Anforderungen, dafür muss man vor Ort sein und den Markt kennen. Das ist selbst in Deutschland schon von Stadt zu Stadt unterschiedlich, deshalb unterhalten wir neben dem Kölner Hauptstandort bundesweit fünf weitere Standorte. Was wir allerdings als Familie tun, ist im Süden der USA in Mietimmobilien zu investieren.

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